Haṃsa Freie Schule für Hatha Yoga

die schule

Die Pranayoga Methode®

Pranayoga heißt Yoga der Lebensenergie. Wir haben diesen Namen für unsere Lehrmethode gewählt, da die Praxis des Yoga vor allem darauf abzielt, den Fluss und die Reinheit des Prana zu verbessern. Sowohl im physischen Körper als auch in den subtilen Strukturen, welche den Geist und die höheren Bewusstseinsebenen mit der Spiritualität verbinden.

Die Pranayoga Methode® ist eine über Jahrzehnte gewachsene Lehrmethode, die im Respekt der klassischen Tradition wächst, sich erneuert und vervollkommnet.

In der Ausführung einer jeden Yoga-Übung sind Konzentration sowie absolute Aufmerksamkeit notwendig, welche nur eine Praxis vermitteln kann, die genau, präzise und individuell anpassbar ist. Die Pranayoga-Methode® zielt genau darauf ab. Sie stellt den Übergang zu einer Praxis dar, in der Emotionen, Intelligenz, Kreativität und Aufmerksamkeit in Synthese mit einem lebendigen und leuchtenden Bewusstseins einfache Nachahmung ersetzen.

In der Pranayoga-Methode® gibt es keine Dogmen oder Regeln, da diese die Subjektivität sowie die individuelle Kreativität jedes Praktizierenden einschränken würden. Diese Freiheit ist eine wertvolle Ressource einer jeden Evolutionswissenschaft. Die Yogapraxis basiert stattdessen auf einer Reihe von allgemeinen wie auch spezifischen Prinzipien, die sich auf die Gesamtheit der Asanas anwenden lassen.

Die Ausrichtung der Praxis auf universelle Prinzipien macht sie äußerst flexibel und erlaubt ihr, individuelle Stärken und Interessen zu berücksichtigen. Damit einher geht eine Freiheit, die uns nicht ablenkt, sondern im Einklang mit subjektiven Bedürfnissen und Bestrebungen äußerst präzise und rationale Ergänzungen anbietet. Eine Praxis, die uns nie einschränkt, sondern uns stattdessen einlädt, durch Zuhören zu wachsen, uns auszudrücken, neu zu versuchen, zu erfahren, zu leben und so uns selbst zu finden und uns zu erkennen und schrittweise zum Inneren zu führen.

Das Zuhören gilt als wichtigstes Prinzip, das es uns ermöglicht, die yogische Erfahrung in Harmonie mit unserem Sein und Fühlen zu strukturieren, immer ausgehend vom Hier und Jetzt, von dem, was wir sind und nicht von dem, was wir sein möchten oder was uns von außen vorgeschrieben wird.
Zuhören, magische Kombination aus Sensibilität, Demut, Aufmerksamkeit, leidenschaftlicher Neugierde, Offenheit des Geistes und Bewusstsein für die Vergänglichkeit von Ereignissen, ist eine Haltung des Körpers und des Geistes, die es uns erlaubt, sich selbst immer wieder neu zu entdecken. Jede Geste, jeden Atemzug, jede Begegnung mit der Freude und totalen Aufmerksamkeit einer ewigen ersten Zeit zu leben.
Zuhören ist die Waffe der Abenteuerlust des Geistes, der die Sicherheit seiner früheren physischen, emotionalen und nachdenklichen Identität aufgibt, um mit Glauben und Mut unbekannte Gebiete zu erkunden.

Im Allgemeinen sollten die Prinzipien der Pranayoga-Methode® als Richtlinien betrachtet werden. Während sich Herrschaft und Dogma von außen auferlegen, laden die Richtlinien dazu ein, das eigene Potential von Innen heraus zu entdecken. Genährt und getragen vom fruchtbaren Boden der Tradition, in völliger Harmonie mit der wahren Natur des Einzelnen und zugleich der Yoga-Philosophie, deren Geist die Suche nach Wissen und Freiheit durch direkte Erfahrung ist.

Das Fehlen jeglichen Dogmatismus macht die Pranayoga-Methode® zu einem Lehr- und Lernwerkzeug, das für jeden Yogastil und jede ganzheitliche und kreative Tätigkeit gilt, zu einem Mandala von Prinzipien, die in ihrer Universalität auf jeden Aspekt des Lebens anwendbar sind.


ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE

Im Folgenden wird eine kurze Darstellung der grundlegenden Konzepte einer effektiven, kreativen und individualisierten Praxis gegeben. Alle diese Konzepte beziehen sich aufeinander und sind verwoben: Verschiedene Prinzipien begegnen uns unter immer anderen Namen. Dies unterstreicht die allgemeine Atmosphäre der Prinzipien, welche sich in Richtung einer fortschreitenden Integration bewegen.

Zuhören: Das Zuhören ist eine ganz besonderer Seinszustand, welcher es uns erlaubt, Neues zu lernen, ungewöhnliche Beziehungen und Verbindungen aufzubauen und wirklich kreativ zu werden: das Neue zu denken, zu planen und zu erschaffen. Diese natürliche Fähigkeit, die mit der Aufmerksamkeit und der spontanen Neigung der Psyche zum Lernen verbunden ist, kann nur insofern voll ausgeübt werden, als es uns gelingt, das Wahrnehmungsfeld vom Fluss repetitiver Gedanken zu befreien, die normalerweise unseren mentalen Raum einnehmen: Es ist wie ein weit gefächerter Blick, der nichts sucht, aber gleichzeitig in der Lage ist, jedes Detail in seinem Wahrnehmungsfeld zu erfassen.
Zuhören beinhaltet die Fähigkeit, ohne Gedanken, Erwartungen und Spannungen in die Yogapraxis einzutauchen, den Geist zum Schweigen zu bringen und somit durchlässig für außergewöhnliche Wahrnehmungen zu machen, offen für Überraschungen zu sein und in der Lage, das Unvorhersehbare einzufangen.

Das ‘stille Wissen’ annehmen: Es bedeutet, dem Wahrgenommenen zu erlauben, die für den Wandel notwendigen Energien einzusetzen. Es gibt Dinge, die wahr sind und erfahren, aber nicht erklärt werden können. Um das ‘stille Wissen’ zu akzeptieren, ist Vertrauen notwendig. Ein tiefes Bewusstsein dafür, dass und auf welche Weise das Universum in seiner Ganzheit für unsere Verwirklichung arbeitet. Nur so können wir wirklich aktiv loslassen, nur so können wir verhindern, alles Empfundene auf die rationale Ebene zu heben, das Wahrgenommene in reduktive Gedanken zu verwandeln und die Tendenz, alles zu kontrollieren, wirklich überwinden. Stilles Wissen agiert im Detail, es wird nie ganz offenbart, es zeigt sich nicht und es ist schwierig, seine Bewegungen zu erfassen. Es baut Hologramme ausgehend von kleinen Zeichen, schafft Verbindungen durch metaphorische Mittel, realisiert Synthese durch Ähnlichkeit und ist so in der Lage, uns neue und überraschende Interpretationen über uns selbst, das Leben und alles, was uns umgibt, zu geben.
Wir müssen lernen, wie wir diese Erkenntnisse ohne sofortiges Urteil annehmen, frei von Vorurteilen, leer, offen und immer für uns selbst da sind. Das stille Wissen wird vor allem dadurch aktiviert, dass während der Yogapraxis Aufmerksamkeit und Gewissen auf die subtilsten Aspekte, auf die nuancierten Empfindungen und Wahrnehmungen, auf das Hören der inneren Stimme gelenkt wird, wobei immer das Bewusstsein in den Mittelpunkt gestellt wird, das keine rationalen Schlussfolgerungen erfordert.

Mentale Einstellung: Die Yogapraxis erfordert einen aufmerksamen und konzentrierten, aber nicht angespannten, einen lauschenden, bewussten, wertfreien, offenen, kontemplativen und glücklichen Geist. Es ist sehr schwierig zu erklären, wie es möglich ist, (sich selbst) loszulassen und gleichzeitig anwesend zu bleiben – aber wir können uns zumindest bewusst werden, was es zu vermeiden gilt! In fast allen Fällen: Eine Intellektualisierung der Praxis. Intellektualisierung bedeutet zum Beispiel, über die Vorteile nachzudenken, die sich aus einer bestimmten Übung ergeben können, wie sehr wir uns verbessert oder verschlechtert haben, alle Geisteshaltungen, die das Loslassen ausschließen und Spaltung, also das Gegenteil von Einheit, beinhalten. All diese Argumente können früher oder später bewertet werden, niemals während der Sadhanas selbst. Wenn man sich spielende Kinder ansieht, kann man sich ein Bild von der richtigen Einstellung machen: Intensive und volle Anteilnahme, zugleich Freude und Vergnügen. Freude und Vergnügen entspannen, beruhigen und besänftigen uns und stimulieren so die Erweiterung des Energiefeldes und die Zirkulation von Energie. Aufmerksamkeit ist die grundlegende Fähigkeit des Geistes, ohne sie ist nichts möglich. Die Aufmerksamkeit sollte während der Übung und wenn möglich auch zu jeder anderen Zeit wach und lebendig, aber neutral gehalten werden. Wir müssen das, was in uns geschieht, zunächst beobachten und dann allmählich lernen, unser Handeln aktiv zu lenken, bevor wir wieder zur Beobachtung zurückzukehren. Auf diese Weise können wir Beziehungen und Verbindungen erfassen, die für den Aufbau unserer inneren Landkarte nützlich sind und die notwendigen Korrekturen an jedem ihrer Abschnitte vornehmen. Die Propriozeption, sowohl physisch als auch psychisch, wird somit die Möglichkeit haben, sich in immer breiteren Kreisen progressiv zu entwickeln. Hör- und Handlungsfähigkeiten verschmelzen zu einer neuen effektiven und präzisen Wahrnehmungseinheit.

Langsamkeit: Langsamkeit ist nicht das Gegenteil von Geschwindigkeit, sondern von Eile, Hast. Hast ist eine chaotische, zerstörerische, aufgeregte und ängstliche Form der Beschleunigung; sie veranlasst uns, Handlungen durchzuführen, die ausschließlich darauf abzielen, kontingente Situationen zu lösen, momentane Wünsche zu befriedigen, uns von einer Last oder einer Sorge zu befreien, die uns unterdrückt. Eine der schädlichsten Auswirkungen ist, dass sie uns die Fähigkeit nimmt, die Auswirkungen dieser gleichen Handlungen im Laufe der Zeit zu bewerten: und dass sie uns zu Sklaven macht.
Wenn wir in Eile sind, neigen wir dazu, wie Werkzeuge zu funktionieren. Unser einziger Zweck ist es, eine Aufgabe zu erfüllen: Auf diese Weise wird die Zeit zum Maßstab, zum Steuer unseres Lebens und gegen sie zu laufen, wird zu unserer Haupttätigkeit. Wenn wir diesem Schema folgen, verwandeln wir uns allmählich in eine Variable, die von immer präziseren Uhren reguliert und gesteuert wird, der wahre Lebensraum wird ständig reduziert. Langsamkeit wiederum bedeutet Raum und in diesem Raum hat unser Bewusstsein die Möglichkeit, sich zu erweitern, zu entwickeln und zu gedeihen. Formulieren wir das Konzept um: Bewusstsein braucht Langsamkeit, Platz, Raum. Langsamkeit zu kultivieren bedeutet, dem Bewusstsein eine ausdrucksstarke Dimension zu verleihen, die in Eile nur mit verzerrten, chaotischen und verschwommenen Bildern gefüttert würde. Details, ihre metaphorischen Bedeutungen und Verbindungen werden so übersehen und wir sind nicht in der Lage, eine Menge kleiner Zeichen in einen bedeutungsvollen Kontext zu setzen, können keine überraschenden Perspektiven entdecken. In der Langsamkeit wird alles klarer, wir finden Kontakt zu Kraft des Lebens und den psychischen Potentialen, unser innerer Raum erweitert sich, in uns werden die Flügel der Wahrnehmung geöffnet.
Langsamkeit, die Abwesenheit von Eile, bedeutet Raum. Sie erlaubt es uns, nicht nur das Gleichgewicht unserer biologischen und seelischen Rhythmen zu finden, sondern vor allem das Bewusstsein und die Beziehung zu unserem spirituellen Selbst neu zu bewerten. Ein Prozess, der eine neue Harmonie mit der Umwelt, den anderen und der Schöpfung in ihrer Gesamtheit erfordert und impliziert. Langsamkeit bedeutet, die Hektik allmählich zu reduzieren, bis man sich durch einen Rhythmus erholt, der mit der Entwicklung des Bewusstseins vereinbar ist. Dies ist in erster Linie die Fähigkeit zum Zuhören, zur neutralen Beobachtung und aus diesem Grund ein ausgeglichener und kluger Rhythmus.

Regelmäßigkeit: Mit der Yogapraxis beginnen wir, uns auf einem spiralförmigen, kreisförmigen Weg zu entwickeln, der uns auf vielfältige Weise zum Licht führt. Eine regelmäßige Praxis mit einem Minimum an Regeln zur Einhaltung ist ein grundlegendes Element des Erfolgs und muss ständig aufrechterhalten werden. Regelmäßigkeit bedeutet, täglich, möglichst zur selben Zeit und auf effektive Weise zu üben, die sowohl die Grenzen als auch das Potenzial des Einzelnen sowie dessen individuellen Neigungen berücksichtigt.

Intention: Es handelt sich um eine sehr zurückhaltende Willensäußerung, welche sich nicht einfach durchsetzt, sondern nur eine Richtung vorgibt. Was uns im Yoga leitet und uns hilft, Faulheit zu überwinden und mit Regelmäßigkeit zu üben, kann kein dominanter und invasiver Wille sein, der einen starr und mechanisch macht, sondern der tiefe, intime und aufrichtige Wunsch, uns zu einem Zustand größerer Integrität, Helligkeit und Gewissen zu entwickeln.

Einheit und Integration: Die Körperteile, Atem und Geist existieren nicht als getrennte Teile, sie sind ein Ganzes. Ob still oder in Bewegung halten wir das Bewusstsein für die ständige Integration dieser Komponenten aufrecht, deren Trennung nur als Gedankenkonstrukt existiert. Wenn Körper, Geist, Seele, Geste und Atem perfekt integriert sind und jede Zerstreuung und jedes Gefühl der Trennung überwunden wird, dann gibt es Einheit, die der natürliche Zustand des Selbst ist, Ausdruck des kosmischen Bewusstseins, das alles durchdringt.

Beziehung zwischen Struktur und Funktion: Auf einer subtilen Ebene bestimmt die Funktion die Struktur; auf der materiellen Ebene ermöglicht die Struktur den Ausdruck der Funktion. Struktur und Funktion sind voneinander abhängig und arbeiten gemeinsam, um das Gleichgewicht im lebenden Organismus aufrechtzuerhalten: Das Beobachten, Verstehen und Schaffen virtuoser Beziehungen zwischen Struktur und Funktion verfeinert die psychosomatische Integration, erhöht den Bewusstseinsgrad und entwickelt Kreativität.

Gleichgewicht (Balance): bedeutet, dass Maß, Respekt vor Polaritäten sowie gesunder Menschenverstand die Leitprinzipien für jede Yogapraxis sind.

Polarität: Jede Manifestation des Lebens enthält die unaufhörliche Beziehung zwischen zwei polaren Kräften, welche sich als dynamisches Gleichgewicht zwischen Fülle und Leere, Spannung und Entspannung, maskulin und feminin, Ein- und Ausatmen, Sonne und Mond darstellen lassen. Beide Polaritäten müssen während der Yogapraxis aktiv gehalten werden und der Praktizierende muss das Bewusstsein für beide behalten. Das Konzept der Polarität ist auch ein unverzichtbarer Leitfaden für den Aufbau effektiver und ausgewogener Sequenzen, die in der Lage sind, einen korrekten Energiekreislauf zu erzeugen und positive und nachhaltige Effekte zu erzielen.

Symbologie: Jede Geste, die wir ausführen, jedes Wort, das wir aussprechen oder denken hat Symbolcharakter; die Bedeutung und der Wert dieses Symbols können entweder unbewusst bleiben oder bewusst wahrgenommen, verstanden und daraufhin entwickelt werden. Bewusstsein und Verständnis implizieren eine glückliche Beziehung zwischen Geist und Körper, psychische Dimension und somatischen Ausdruck derselben. Nachdem wir dies erreicht haben, können wir zur nächsten Phase übergehen, der Sakralisierung der Geste durch die Entwicklung ihrer impliziten Symbologie. Dies wird erreicht, indem jeder Geste eine energetisch kraftvolle Bedeutung gegeben wird, physisch belebend, psychisch aktivierend und auf das Licht gerichtet.
Die Integration von Symbolen und ihrem Wert verändert das Wesen einer jeden Geste grundlegend, macht sie heilig und bedeutungsvoll, integriert sie, macht sie fließend, majestätisch, beruhigend, energetisch dicht und verbindet sie mit Spiritualität.

Visualisierung und geistiges Bild: Heraufbeschwören eines geistigen Bildes, einer Idee oder eines Zeichens. Obwohl der visuelle Aspekt vorherrschend ist, beinhaltet die Visualisierung manchmal auch andere Sinne, Hören, Riechen, Berühren, Schmecken und inneren Sinn.
Die Visualisierung ist ein äußerst effektives und zugleich freundliches und personalisiertes Kommunikationsmittel zwischen Geist und Körper. Die vermittelte Botschaft hat nicht den Charakter einer Ordnung, sondern gleicht einem Vorschlag, eines Handlungsmodells, das zu einem sinnvollen Vermittler zwischen Psyche und Körper, zwischen Vorgabe, mentaler Orientierung und Geste wird. Die Visualisierung ist zusammen mit der Zuordnung eines symbolischen Wertes zu jeder Geste ein wirksamer Bestandteil in allen Arten der Yogapraxis.

Sprache: Wörter sind Symbole. Je nachdem, welche Begriffe wir verwenden, um die Yoga-Praxis zu beschreiben und/oder zu leiten, kann sich ihre Art und Wirkung ändern. Die Wirkung ist dieselbe, ob wir andere oder unsere eigene Praxis lenken. Worte, die mit Anstrengung, Trennung, Gewalt, Disharmonie assoziiert werden, müssen vermieden und, wenn dies nicht vollständig möglich ist, mit anderen Worten neutralisiert werden. Unsere Sprache muss klar, beruhigend, prägnant, präzise, erschöpfend und voller Bilder sein, die in der Lage sind, die Geste und ihre Aussetzung anzuregen und zu leiten, wobei der Ton der Stimme so moduliert sein muss, dass sie die Handlung aufrechterhält und die Aufmerksamkeit auf die wichtigeren Bereiche lenkt. Das Sprachbewusstsein ist ein Element von großer Bedeutung und muss vertieft und ständig weiterentwickelt werden.

Minimaler Aufwand: Yoga zielt in seinen verschiedenen Praktiken darauf ab, den Energieverbrauch auf das Minimale zu reduzieren. Dazu ist es notwendig, die muskuläre und psychische Spannung so weit wie möglich zu reduzieren und sie durch eine immer präzisere Suche nach Gleichgewicht, technischer Präzision, fachkundigem Einsatz von Visualisierung und Atmung, präziser Wahrnehmung des Baryzentrums und verbesserter Stabilität und Verwurzelung zu ersetzen.

Vor- und Nachteile jeder Praxis: Zu wissen, welche spezifischen Vorteile jede Übung mit sich bringt, ist sehr wichtig für das Erstellen zielgerichteter Sequenzen und kann in der Anfangsphase auch als Ansporn für eine beständige Praxis dienen. Dennoch ist das Nachdenken über die Vorteile, die sich aus einer bestimmten Übung ergeben können, oder wie sehr wir uns verbessert oder verschlechtert haben, eine mentale Einstellungen, die das Loslassen und Einswerden verhindern und somit eine Spaltung verursachen. All diese Argumente können im Vor- oder Nachhinein beurteilt werden, niemals während der Sadhana selbst. Ziel und Funktion des Yoga ist es nicht nur, stark und gesund zu werden, sondern auch und vor allem die Grenzen des Ichs plastisch und dehnbar zu machen. Rigidität entsteht vor allem durch die Identifikation mit den Grenzen des physischen Körpers und seiner unbewussten Einstellungen bestimmt wird.
Das Wissen um die Kontraindikationen der Aana ist absolut notwendig für eine sichere und wirklich gesunde Sadhana.

Die Grundlagen: Yoga hat ein eigenen Korpus aus kleinen Gesten und einfachen Kompetenzen, die sowohl leicht zu erlernen als auch wichtig für eine wirklich effektive Praxis sind. Sie sind wie die Buchstaben des Alphabets. Wenn man sie nicht kennt, kann man keine Wörter und noch weniger vollständige und sinnvolle Sätze schreiben. Die Grundlagen sind die Wurzel der Praxis, sie geben uns die Grundlagen jeder weiteren Yogatechnik und sie müssen auf vollständige und umfassende Weise erkannt, gelernt und verinnerlicht werden. Die Schwierigkeiten, die wir in der Praxis der verschiedenen Yoga-Techniken finden können, sind häufig der Effekt von körperlichen Einschränkungen, tief liegender Verspannungen und schlechter Haltung. Diese verändern die Propriozeption, schränken die Bewegungsfähigkeit ein, hemmen die Ausdehnung des Atems, rufen unangenehme oder schmerzhafte Empfindungen hervor, sind ein Faktor des Ungleichgewichts und der Asymmetrie und verringern die Fähigkeit zu Aufmerksamkeit und Konzentration. Die Grundlagen, einfache Übungen zur Einführung in die richtige Bewegung, Verwurzelung, das Bewusstsein für den Atem und die Entwicklung einer Aufmerksamkeit, die zunehmend auf die energetischen und subtilen Wahrnehmungen ausgerichtet ist, helfen uns nach und nach, Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden und stellen die wahre Garantie für eine völlig gesunde und effektive Praxis dar.


ASANA, DIE HALTUNGEN DES HATHA-YOGA

Asanas (vom Sanskrit „sitzen“) sind für Yoga typische Positionen des Körpers. Um die Bedeutung des Begriffs Asana in Bezug auf Yoga vollständig zu verstehen, müssen wir uns auf das beziehen, was in einigen wichtigen Texten des Yoga gesagt wurde.

Patanjali definiert Asana als „eine Haltung, die mit Unbeweglichkeit und Lust aufrechterhalten werden kann“ (Yoga Sūtra II.47). Hariharānanda Āraṇya übersetzt diesen Vers des Yoga Sūtra und fügt hinzu: „Asanas werden im Laufe der Zeit vervollkommnet, indem man die Anstrengung durch die Konzentration des Geistes auf das Unendliche entspannt„.

Einige Jahrhunderte nach Patanjali schreibt Svatmarama: „Asanas stellen den ersten Schritt des Hatha-Yoga dar, sie machen stark, gesund und agil“ (HathaYogapradipika, I, 17). In erster Linie helfen sie uns, jene Einschränkungen zu reduzieren, die sich aus Schwäche, Krankheit und Rigidität ergeben.

Aber die wahre Natur der Asana geht über diese Vorteile hinaus. Wie die Gheranda Samhita (II, 1-2) erklärt, „die Asanas, die Shiva erreicht hat, sind vierungachtzighunderttausend, die Zahl der lebenden Organismen im Universum; vierundachtzig davon sind wichtig und zweiunddreißig besonders nützlich (für den Menschen)„. Dieser letzte kurze Aphorismus hilft uns, die wahre Natur und den Wert dieser Praktiken zu verstehen: eine Asana auszuführen bedeutet, sich in eine der unendlichen Energieformen des Kosmos zu integrieren, mit der Gesamtheit von sich selbst einen der Sätze zu malen, mit denen die Geschichte des Lebens geschrieben wurde, eine Formkraft als bewussten Akt zu verwirklichen, zu verkörpern, und durch diesen Prozess Teil der ewigen und heiligen Vereinigung zwischen Shiva und Shakti (Bewusstsein und kreative Energie) zu werden.

Die Asanas stellen einen wichtigen Aspekt der yogischen Kultur und Sadhana (Praxis) dar. ihre Funktion ist es, die Gesundheit und Harmonie in den verschiedenen Bereichen unseres Lebens zu erhöhen: Körper, Geist, Atem und Seele. Die fortschreitende Reinigung und Integration dieser Elemente, unterstützt durch ein wachsames und neutrales Bewusstsein, reduziert Ablenkungen und Dispersionen und öffnet somit die Tür zur spirituellen Wahrnehmung.

Asanas sind keine Gymnastikübungen: Sie werden mühelos und ohne Zeitgefühl so lange eingenommen, wie es sich gut anfühlt. Dies kann von einigen Sekunden bis hin zu einigen Dutzend Minuten dauern. Das zentrale Element jeder Asana ist daher die physische und mentale Stille. Eine Stille, in der sich einzig der Atem bewegt. Darüber hinaus ist jede Form der Wettbewerbsfähigkeit, auch gegen sich selbst, von vornherein ausgeschlossen. Ein klarer sowie aufmerksamer Bewusstseinszustand ist ebenso erforderlich wie ein ruhiger und stiller Geisteszustand. Diese Eigenschaften machen aus dem Yoga Techniken, die einzigartig und nicht mit denen anderer Disziplinen vergleichbar sind.

Darüber hinaus wurden einige Asanas eigens dazu geschaffen, um dem Körper eine geeignete Position während der Meditation oder der Praktiken der bewussten Entspannung zu garantieren, so dass unser Geist leichter seine maximale Konzentrationsfähigkeit erreichen kann. Andere Asanas haben stattdessen den Zweck, spezielle energetische Reaktionen zu entwickeln. Hierbei sind Inversionen von besonderem Interesse: Durch Umkehrhaltungen kommt es zu einer spontanen Inversion der Polaritäten. Die dritte und größte Gruppe umfasst alle Asanas, deren Ziel vor allem die psychophysische Gesundheit ist. Jede Position hat ihren eigenen Wert und Funktion, ihre eigene, manchmal spezifische, manchmal allgemeinere Wirkung.

Qualifizierende Elemente in der Praxis der Asanas:

Jede Haltung erfordert eine detaillierte Untersuchung und genaue Angaben. Die Art dieser Angaben ergibt sich aus einer Reihe von Prinzipien, die für alle Asanas gelten und unten aufgeführt sind. Diese Prinzipien müssen an jede der grundlegenden Phasen oder Schritte jeder Yogaposition angepasst werden:

  • Einnehmen der Asana
  • Statische Phase
  • Verlassen der Asana: Rückkehr in die Ausgangsposition oder Übergang zu einem anderen Asana

Alle diese Komponenten sind grundlegend und erfordern besondere Aufmerksamkeit; nur so bilden sie die besondere Einheit, die Yoga fördert und erfordert.

Bewusstsein: des Einzelnen und des Ganzen. Mit „dem Einzelnen” meinen wir die Konzentration des Bewusstseins auf jene Elemente, die den Übergang in die Asana begünstigen. Der Begriff „Ganzes“ impliziert das Körperliche (einschließlich des umgebenden Raumes), die psychische und spirituelle Dimension, letztere repräsentiert durch den Aspekt des Bewusstseins und der Wahrnehmung. Bewusstsein erfordert eine relative Langsamkeit, und so muss die Geschwindigkeit der Bewegungen an die Geschwindigkeit der Wahrnehmung angepasst werden. Um die Nuancen und Verbindungen jeder Bewegung mit dem Schwerpunkt und dem Rest des Körpers, ihre Auswirkungen auf die psychischen Energien und auf den Atem zu erfassen, müssen wir die Bewegung langsam, fließend und aufmerksam ausführen; in der statischen Phase müssen wir auf die Energieflüsse hören oder die mentalen Projektionen integrieren.

Richtung: Die Bewegungen in die Asana hinein sind das Ergebnis einer präzisen Intention. Diese können wir mit einem nicht-invasiven mentalen Projekt vergleichen, das durch eine Visualisierung bestimmt wird. Diese Bewegungen folgen einer konstanten Richtung, ohne auch nur den kleinsten Weg zurück. Dieses Prinzip bleibt auch in der Phase des Verlassens der Haltung gültig.

Verlängerung: Die Praxis einer Asana sollte immer von einem Zustand der Verlängerung ausgehen, der auf eine Öffnung in den Gelenkköpfen, insbesondere aber auf die maximale Entfernung der Wirbelkörper hinweist. Die Wirbelsäule ist der Dreh- und Angelpunkt der Yogapraxis, es ist der magische Berg Meru, der unser persönliches Universum aufrechterhält, es ist der physische Wohnsitz der sieben evolutionären Chakren. Jede Kompression auf Ebene der Wirbelsäule stellt eine unvermeidliche Reduktion oder Unterbrechung des Kreislaufs von Energien dar, sowohl des Nervensystems, als auch der Lebensenergie und sollte so weit wie möglich vermieden werden. Es ist vielmehr notwendig, Raum, Möglichkeiten zu schaffen um Freiheit zu spüren. Das ist eines der Ziele des Hatha-Yoga, wenn es richtig praktiziert wird. Das Gefühl der Verlängerung muss auch in der statischen sowie der Austrittsphase eingehalten werden.

Ausrichtung: In der Asanapraxis ist es wichtig, einige Beziehungen zwischen bestimmten Körperteilen zu respektieren, wie beispielsweise die Verbindung zwischen der dritten Zehe und dem Knie, wenn es gebeugt ist, oder zwischen den Ohrläppchen, Schultern und Hüfte in sitzender oder aufgerichteter Position und wieder zwischen dem Nacken und dem Kreuzbein usw. Die Ausrichtung orientiert sich jeweils an präzisen Kenntnissen der Anatomie, Biomechanik und subtiler Physiologie und dienen der Sicherheit, der Harmonie des Einzelnen mit dem Ganzen und zielen nicht auf eine bestimmte Form, sondern auf einen Energiefluss ab.

Entspannung: Die Praxis jeder Asana beginnt und endet in einem Zustand der Entspannung. Dieser Zustand kann sehr kurz sein, ist aber für den Praktizierenden wahrnehmbar. Um sich zu entspannen, ist es nicht notwendig, sich auf den Boden zu legen oder lange zu verweilen, sondern es ist wichtig, die körperliche Bewegung auszusetzen und die mentalen Abläufe zu unterbrechen, verbunden mit der Idee des aufgeben, loslassen, fließen lassen, Raum schaffen und Licht wahrnehmen.

Symmetrie: eine Weiterführung des Begriffs Gleichgewicht (Balance), Symmetrie führt uns in die Konzepte von Proportion, Polarität, Rhythmus und Harmonie ein. Diese Konzepte müssen schrittweise verstanden und in die Praxis integriert werden.

Atmung: Es ist das Bindeglied zwischen den verschiedenen Bestandteil unseres Selbst. Die Synchronisation des Atems mit der Bewegung gibt Fluidität in den Phasen des Hinein- und Herausbewegens in eine Haltung, während es in der statischen Phase die Haltung unterstützt und die mentale Ruhe fördert. In der Asanapraxis ist der Atem die abhängige Variable, er passt sich an, um die Position des Körpers zu begünstigen und zu unterstützen.

Schwerpunkt: Es ist der Mittelpunkt, in welchem sich das Gewicht konzentriert ist und die Energie sammelt, die natürliche Unterstützung, der Dreh- und Angelpunkt des Gleichgewichts, wo die Vielzahl der Kräfte ihr Moment der Vereinigung findet. Während der Asanapraxis beginnt und endet die Bewegung in unserem Schwerpunkt. Dies ermöglicht es uns, im Gleichgewicht zu bleiben und die Kraft der Schwerkraft zu nutzen, um so das Prinzip der minimalen Anstrengung zu respektieren. Die Nutzung des Schwerpunkts impliziert das Vorhandensein und die Wahrnehmung eines Fixpunktes, auf den Kraft angewendet werden kann.

Stabilität und Fixpunkt: Um eine Kraft aufbringen zu können, sind ein stabiler Ausgangspunkt, eine solide Basis unerlässlich. Die Stabilisierung des Ausgangspunktes der Anstrengung ist unerlässlich, um Energie zu sparen oder übermäßigen Stress im Gewebe zu erzeugen. Physische Stabilität ergibt sich aus dem Wissen, wie man eine gewinnbringende Beziehung zu der konstanten und kontinuierlichen Wirkung der Gravitationskraft der Erde herstellen kann.

Innehalten in der Position: Unbeweglichkeit ist das Herzstück der Praxis. Wir müssen uns dem Energiefluss überlassen, der uns durchströmt, dem Atem lauschen, eine lebendige, aber inhaltsfreie Aufmerksamkeit bewahren, uns dem Unendlichen öffnen. Wenn die Schritte in die Position korrekt durchgeführt wurden, ist dies sehr einfach und geschieht spontan – wenn auch nicht immer sofort.

Einstellung: Die Fähigkeit, zu visualisieren, was gerade getan wurde und was wir tun werden, begünstigt die Verinnerlichung der Praxis, die psychophysische Integration und eine bessere Ausführung. Die Best Practice besteht aus drei Schritten: Ausführung des Asanas, detaillierte Visualisierung und anschließende Wiederholung.

Verifizierung von Asanas: Die Genauigkeit und Vollständigkeit der Asanapraxis kann nur teilweise von außen verifiziert werden. Das liegt daran, das Asana mehr sind als einfache Verrenkungen des Körpers. Die Pranayoga-Methode® bietet eine strenge Überprüfung jeder Asana durch die Anwendung einiger Tests zur Überprüfung von Stabilität, Entspannung, Ausrichtung und Energiefluss. Die Tests helfen, die Position selbst zu fühlen und zu verfeinern, den Fluss von Prana durch den Körper wahrzunehmen und das mentale Bild mit der körperlichen Einstellung zu integrieren.


PRANAYAMA ODER YOGA- ATMUNG

Pranayama ist die Kombination der Begriffe „Prana“ und „Ayama“.

Prana ist die erste Substanz, Energie und Materie zugleich, gesegnet mit Intelligenz und Kreativität. Prana ist der Ursprung jeder Manifestation: Im Grunde ist alles Prana, auch unser Körper, unser Atem und unsere Psyche. Prana ist die Kraft, die das Leben belebt und erhält, wie auch die Kraft einer jeden Handlung. Prana ist kreative Intelligenz, die in der Lage ist, neue Formen und Beziehungen zu gestalten, Harmonie zu schaffen und zu erhalten.
Prana ist allgegenwärtige Lebenskraft. Energie, die das Universum geschaffen und erhalten hat, im Großen, wie auch im Detail. Prana führt das Universum zu seiner höchsten Erkenntnis, welche bereits in ihrer kleinsten Form der Manifestation impliziert ist.
Prana ist all dieses und noch viel mehr. Der Atem ist der Hauptweg, um Prana in besserer Qualität und höherer Dosis aufzunehmen.

Ayama bedeutet Länge, Kontrolle, Maß. Die beiden vereinten Begriffe bilden einen dritten, Pranayama, das Maß für die Verlängerung des Atems. Pranayama führt zu einer musikalischen Wahrnehmung der Funktion, harmonische, rhythmische Bewegungen, ein einem Einklang von Zeit und Raum, in der Lage, psychische und physische Energie in Einklang zu bringen. Hatha Yoga unterrichtet eine große Anzahl verschiedener Pranayama, die in der Lage sind, die vielen Aspekte des Tanzes des Lebens zu unterstützen.

Wenn der Atem unregelmäßig ist, ist der Geist instabil. Wenn er beruhigt und verlangsamt wird, erreicht der auch der Geist die Kraft der Ruhe. Das Leben geht weiter, so lange der Atem fließt. Hört der Atem auf zu fließen, kommt der Tod. Daher muss der Atem gemessen werden‚ (Hathapradipika II, 2-3).

Die Yoga- Atmung oder Pranayama hat als Gegenstand des Studiums und der Praxis die Verfeinerung der Atmung und die Entwicklung der Potentiale, die darin implizit enthalten sind, um so die physischen und mentalen Fähigkeiten zu erhöhen.

Die Yoga-Philosophie betrachtet die Atmung nicht nur als eine grundlegende Funktion des Organismus, sondern auch als Ausdruck der spirituellen Essenz. Ein Thema, welches der westlichen Kultur nicht fremd ist, bedenkt man, dass auch die Griechen Pneuma Bedeutung beigemessen haben, die nicht nur der Atmung, sondern auch der Lebensenergie und spirituellen Grundsätzen entsprach. Außerdem wird in der Bibel erklärt, wie Gott, nachdem er den ersten Menschen aus Ton erschaffen hat, ihm durch seinen eigenen Atem Leben eingehaucht hat – also ist der göttliche Funke in uns der Atem, der Rest des Körpers Erde.

Der Atem wurde uns mit einer wunderbaren Eigenschaft gegeben: er ist sowohl unfreiwillig, als auch freiwillig. Ich kann mein Leben leben, ohne mir dieser doppelten Funktion jemals bewusst zu sein. Zugleich kann ich sie leicht wahrnehmen, indem ich meine Aufmerksamkeit auf sie lenke, und willentlich die Tiefe, den Rhythmus, die Geschwindigkeit, die Richtung und jede andere Variable meiner Atmung beeinflusse.
Mit unserer ersten Einatmung werden wir in der jetzigen Dimension des Lebens willkommen geheißen und mit dem letzten Ausatmen geben wir den letzten Gruß: Zwischen diesen beiden Momenten verlässt uns der Atem nie. Die zentrale Funktion der Atmung ist es, den Organismus mit Sauerstoff zu versorgen und ihn von Kohlendioxid zu befreien. In Verbindung mit dieser zentralen Funktion bietet eine optimierte Atmung eine Vielzahl von äußerst nützlichen und gesunder Nebeneffekte. Eine tiefe, maßvolle und musikalische Atmung ist die beste Gymnastik, ein primäres Element der Gesundheit auf allen Ebenen. Aus diesem Grund ist es angemessen und sinnvoll zu lernen, auf eine wirklich effektive Weise zu atmen, in Anlehnung an die Lehren der alten Meister des Hatha Yoga zu atmen.

Aber nicht nur das ist es, was die Atmung so besonders macht. Sie ist ein Bindeglied zwischen Körper, Geist und Seele; Lebensqualität und die Entwicklung der Bewusstseins werden vor allem durch die Synergie dieser drei Elemente mit dem Atem gewährleistet. Sie bilden eine komplexe Einheit. Die Atmung ist das dynamische Element, welches einfacher zu beeinflussen ist, das optimale Medium also. Die Verbesserung der Atmung sorgt für eine proportionale Verbesserung der Kommunikation zwischen allen Komponenten. Positive Beeinflussung des Atems ist ein Weg, der in jedem Alter eingeschlagen werden kann und ist, mit Ausnahme einiger Übungen, immer von Vorteil.

Qualifizierende Elemente in der Praxis von Pranayama

Wie die Asana erfordert jede Pranayama ein detailliertes Studium und genaue Indikationen. In der Praxis von Pranayama gelten die bereits erläuterten allgemeinen Grundsätze, von denen einige, die besonders wichtig sind, hier hervorgehoben werden sollen. Diese Prinzipien müssen an jede der Atemphasen angepasst werden

  • Einatmung
  • Ausatmung
  • Suspension der Atmung mit vollen und leeren Lungen

Alle drei Phasen sind gleich wichtig und erfordern besondere Aufmerksamkeit

Bewusstsein (des Atems): Hier greifen wir die im Abschnitt „Allgemeine Prinzipien„ vorgestellten Themen auf, insbesondere die Bedeutung von Aufmerksamkeit und Zuhören. Die Yoga- Atmung ist in erster Linie bewusstes Atmen. Bewusstes Atmenn bedeutet, sich beim Atmen wertfrei zu beobachten. Das kann zu jeder Zeit und in jeder Position passieren und erlernt werden. Darüber hinaus ist es angebracht, dieser Praxis alleine Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen. Die Beobachtung des Atems begünstigt die Beruhigung des Geistes und kann als Thema der Meditation verwendet werden. Durch die Beobachtung des Atems werden wir uns seiner Bewegung, seiner Phasen, Typen und Modalitäten bewusst. Im Übergang von der spontanen Atmung zu Pranayama, welche die bewusste Veränderung der Atemvariablen (Rhythmus, Intensität, Volumen, Richtung) in ihren drei Phasen beinhaltet, bleibt der Aspekt der Aufmerksamkeit und Anwesenheit ständig erhalten: bewusst einatmen, bewusst ausatmen, bewusst halten.

Ausrichtung (des Atems): Die Ausrichtung ist im Grunde eine Vertiefung des oben Gesagten. Nach und nach lernen wir, den Atem zu fühlen und zu lenken, indem wir abwechselnd die verschiedenen Abschnitte des Oberkörpers beeinflussen. Danach sind wir in der Lage, die Kraft des Atems und der Lebensenergie in jedem Punkt des Körpers zu spüren und diese Fähigkeit für unsere Gesundheit oder andere Zwecke zu nutzen.

Haltung: In der Praxis der Asanas ist die Atmung die abhängige Variable, d.h. sie die Atmung passt sich der Haltung an, um sie zu unterstützen. Bei Pranayama ist das Gegenteil der Fall, die körperliche Struktur muss Stabilität und Positionierung der Wirbelsäule gewährleisten, die gerade und gleichzeitig frei von unnatürlichen Spannungen sein muss. Die Ausrichtung und Spannungsfreiheit ist unerlässlich, um eine korrekte Funktion der Atemwege zu gewährleisten, insbesondere die Möglichkeit einer vollständigen Ausdehnung der Lunge. Nur drei Positionen des Körpers garantieren all diese Eigenschaften: Rückenlage, Sitzen und Stehen. Jede der drei Positionen mit einigen spezifischen Eigenschaften, die zu einer bestimmten Atemarten passen. Deshalb werden fast alle Pranayamas in diesen Positionen praktiziert.

Visualisierung: Die Lebenskraft, das wir absorbieren, um die verschiedenen Funktionen unseres Lebens zu erfüllen, kommt aus zahlreichen Quellen: Sonneneinstrahlung, Luft, Nahrung, Wasser, Schwingungen, Düfte, Farben und auch die Form der Dinge: aber vor allem aus dem Atem. Je vollständiger, tiefer, fließender und musikalischer der Atem ist, desto mehr Prana kann er uns vermitteln. Visualisierung ist eine weitere Möglichkeit, Prana anzuziehen und vor allem die lebenswichtigen Schwingungen zu intensivieren, damit diese die höheren Chakren, insbesondere Ajna und Sahasrara, am besten nähren können. Wenn Atem und Visualisierung integriert sind und sich im Einklang bewegen, dann wird das maximale Ergebnis erreicht und die in jedem Teil unseres Wesens verfügbare Energie erhöht; der Atem hat seine Seele gefunden.


DIE YOGA-MUDRAS

Mudra“ bedeutet Geste, aber auch Siegel, privilegierter Weg, Abkürzung. Im allgemeinen Sinn bezeichnet der Begriff einfach Körperhaltung. Körperlich, energetisch, psychisch und symbolisch aktivierend, die Yogamudras sind vielfältig. Es sind evolutionäre Gesten, die als geistig verstanden werden können, da sie einen Ausdruck der seltensten, feinsten und erhabensten Aspekte des Gewissens darstellen.

Yoga beschäftigt sich mit dem Verteilung und der Transformation von Energien, um diese zu harmonisieren und in Richtung einer immer größeren Integration und Sensibilisierung zu kanalisieren. Zunächst gilt es also, Energie zu sammeln und eine Zerstreuung zu vermeiden, dann gilt es die gesammelte Energie zu harmonisieren; bevor sie im dritten Schritt in Richtung eines höheren Bewusstseins zu lenken. Die Yoga-Mudras wirken in diese Richtung, sie sind in der Lage, kraftvolle energetische Kreisläufe zu schaffen, die einerseits die Ausbreitung von Prana reduzieren, andererseits die Assimilation von subtilem Prana in den Chakren steuern und fördern.

Im Allgemeinen verbessern die Mudras die Integration von Körper, Geist und Atem, intensivieren die Wahrnehmung des inneren Raumes und damit das Bewusstsein für sich selbst. Durch die Übertragung der Energie auf den subtilen Körper sind die Yoga-Mudras bei der Etablierung von Pratyahara, Kontrolle und Reduktion der Sinnestätigkeit, welche für den Zugang zum meditativen Zustand notwendig sind. Sie stellen ein wichtiges Element bei der Verbesserung der Konzentration des Bewusstseins auf höhere Wahrnehmungsebenen dar, sie verfeinern den Gleichgewichtssinn und die Propriozeption während der Ausführung der Asanas. Besonders sinnvoll sind sie in Pranayama-Übungen, da sie die Qualität und Sensibilität der Atmung verbessern und, da sie die bewusste Abstraktion und die Konzentration der Energien in den höheren Chakren fördern, sind sie unerlässlich in der Meditation.

Yoga-Mudras werden traditionell in fünf Gruppen eingeteilt:

  • Adhara Mudra oder Basisgesten: Dies sind Praktiken, die das Bewusstsein für den Beckenboden fördern, die Reinigung und Gesundheit sowie das Erwachen der Kundalini-Energie und der latenten Potentiale fördern. Ihr Zweck und ihre Wirkung ist es, die Energie in Richtung der höheren Chakren zu lenken.
  • Bandha Mudra oder Verschlussgesten – Zwei dieser Praktiken sind besonders wichtig: Uddiyana Bandha, bei dem das Zwerchfell angehoben wird, und Jalamdhara Bandha, der Halsverschluss. Beide Gesten sind in der Praxis der Pranayamas mit Retention unentbehrlich, die erste wird aufgrund ihrer starken Auswirkungen auf die innere Bewegung des Pranas auch getrennt von Atemtechniken eingesetzt.
  • Kaya Mudra oder Mudra der Körperhaltung: Sie beziehen den ganzen Körper mit ein und fördern die Energiesublimation, insbesondere durch die Nutzung der Wirkung der Schwerkraft bei Inversionen, die eine natürliche Veränderung der Energierichtung mit sich bringen. Das bekannteste davon ist Viparitakarani Mudra, sehr kraftvoll, aber relativ einfach zu bedienen.
  • Mana Mudra oder Gesten des Kopfes: Sie betreffen die beweglichen Teile des Kopfes, vor allem Augen und Zunge. Sie sind besonders geeignet, um den Gedankenstrom zu unterbrechen. (Yoga ist die Aussetzung der Wandlungen des Geistes, Yogasutra, I, 2).
  • Hasta Mudra oder Mudra der Hand: Das sind sehr viele, leicht auszuübende Gesten mit wenigen Kontraindikationen. Diese Vorteile bedeuten keine geringe Wirksamkeit, im Gegenteil, die Hasta Mudra sind integrale Praktiken, die zu einer sehr tiefen und subtilen energetischen Aktion fähig sind, die sich auf allen Ebenen, (Körper, Atmung und Psyche) manifestiert. Die Meister der Vergangenheit haben eine große Anzahl von Heiligen Gesten herausgearbeitet, die mit den Händen ausgeführt werden können. Jede mit spezifischen und wiederholbaren Effekten, welche in der Lage sind, nützliche Energiekreisläufe zu schaffen.

Qualifizierende Elemente in der Praxis der Mudras:

Die Mudras werden der Praxis von Asana, Pranayama, Meditation und Mantra hinzugefügt und werden so Teil dieser Praxis. Im Allgemeinen gelten die Angaben zu den grundlegenden Elementen dieser Praktiken auch für die Mudras. Einige Aspekte müssen jedoch hervorgehoben werden.

Richtung: Noch mehr als andere Yoga-Techniken sind höchste Aufmerksamkeit, Empfindsamkeit und Präzision in der Praxis der Mudras unerlässlich. Wie bei den Asanas ist die Praxis der Mudras das Ergebnis einer präzisen Absicht und wird von einer Visualisierung geleitet. Die Bewegungen folgen einer konstanten Richtung, ohne Rückschläge, auch nur teilweise oder minimal; dieses Prinzip bleibt auch in der Exit- / Übergangsphase gültig.

Atmung: In der Mudrapraxis ist die Atmung im Allgemeinen vollständig, mit einigen Variationen – insbesondere der Verwendung von Ujjayi Pranayama. Einige Mudras werden in Synergie mit der Bewegung des Atems durchgeführt, in anderen Fällen bleibt der Atem einfach flüssig und kontinuierlich, andere Male kann ein Mudra geübt werden, während er sich in leerem oder vollem Zustand befindet.

Vorbereitung: Eine adäquate Vorbereitung ist besonders nützlich bei der Ausführung von Mudra-Sequenzen. Auch in diesem Fall wird empfohlen, die drei bereits bekannten Schritte zu befolgen: Ausführung, Vorkonfiguration und dann eine neue Ausführung.


DIE MANTRA

Zu Beginn jedes manifestierten Phänomens steht eine ätherische Schwingung, die als Grund-, Samen- oder Originalklang bezeichnet wird. Dieser Klang enthält die gesamte Kraft der Manifestation, er ist pure Potentialität. Aus dieser Kraft entspringt die Wissenschaft der Mantra. Mantra sind therapeutische Klänge, die in der Lage sind, die Funktionen unserer Organe und die der Psyche richtig auszugleichen. Der Begriff Mantra stammt von „Mensch“, Geist und „tra“, Schutz. Es ist ein Werkzeug, um den Geist vor dem unkontrollierten Fluss der Gedanken durch einen Schild zu schützen, der durch den Nachklang der Schwingungen einer unaufhörlichen Wiederholung erzeugt wird. Gleichzeitig wird eine Schwingungsumgebung geschaffen, die dem psychophysischen Gleichgewicht und der Entwicklung des spirituellen Bewusstseins förderlich ist.

In Kombination mit der Atmung bilden Mantras ein perfektes Paar: Die Atmung hat die Funktion eines Fahrzeugs, gibt dem Klang Ausdruck und Konsistenz und transportiert die Vibrationen in jeder Zelle des Körpers und in der Umgebung, während das Mantra die Praxis der Atmung verbessert, es ist nützlich für die Regulierung der Atmungsphasen, hilft bei der Konzentration und intensiviert die Energieaufnahme. Mantra und Visualisierung, einzeln oder zusammen verwendet, erhöhen die Aufnahme der subtilen Formen von Prana während der Pranayama-Übung.

Qualifizierende Elemente in der Praxis der Mantras:

Haltung: Mit einem geraden und natürlich entspannten Rücken sitzen ist die optimale Position für das Singen der Mantras. In einigen Fällen (mit voller Stimme gesungene Mantras) kann auch Stehen bequem sein. Was Pranayama betrifft, so muss die Kötperhaltung Stabilität, minimalen Kraftaufwand und eine korrekte Ausrichtung der Wirbelsäule gewährleisten, Faktoren, die zusammen mit einer korrekten Funktionsweise der Atmungsorgane die Grundlage für die Ausübung der Mantras bilden.

Atmung: Bei Mantren, die mit voller Stimme (oder geflüstert) gesungen/rezitiert werden, bewegen sich Atem und Mantra in Einklang, folgen dem gleichen Rhythmus, verbessern und unterstützen sich gegenseitig. Bei einer rein geistigen Rezitation kann der Atem völlig unabhängig sein, in diesem Fall wird ein kontinuierlicher, weicher und leichter Atem empfohlen.

Richtung: In dem mit voller Stimme gesungenen Mantra ist die Richtung spontan, bestimmt durch die Art des erzeugten Klangs. Sie kann auch durch die Verwendung eines mentalen Bildes definiert werden. In der geflüsterten oder nur mentalen Praxis ist die Richtung intern.


MEDITATIONSPRAXIS

Meditation ist eine Dimension des Bewusstseins, eine besondere und außer-gewöhnliche Dimension. Sie wird als vierter Geisteszustand bezeichnet, da sie die drei üblichen Dimensionen des Geistes, welche jeder von uns gut kennt, einschließt und übersteigt: Wachheit, Schlaf und Tiefschlaf.

Meditieren ist nicht etwas, was man tut, sondern ein Weg/Durchgang, ein Ort, in welchen man eintritt, eine revolutionäre und wunderbare Perspektive. Meditieren bedeutet, den Kontakt mit der Spiritualität wieder zu entdecken, den Kommunikationskanal mit dem universellen Verstand zu öffnen, die Identifikation mit dem physischen Körper und seinen Grenzen zu überwinden, im Licht wiedergeboren zu werden. In dieser Umgebung kann unser Geist all seine Kraft der Freude, Ruhe und des Friedens entfalten, die sich daraufhin im Körper in Form von Kraft, Vitalität und Gesundheit widerspiegelt.

In einem Zustand der Meditation wird die tiefe und vollständige Integration zwischen Geist, Verstand, Soma und Lebensatem realisiert. Die objektiv nachweisbaren positiven Effekte sind unzählig: Verlangsamung der mentalen Frequenzen; Reduktion der Muskelspannung; längere Entspannung, die eher als gewohnheitsmäßiger psychophysischer Zustand strukturiert ist; Erhöhung der geistigen Klarheit, Widerstandsfähigkeit gegen Spannungen, Müdigkeit und widrige Umgebungsbedingungen; Ein Gefühl der Leichtigkeit, des Wohlbefindens und der Freude; allgemeine Verbesserung des Gesundheitzustandes und vor allem ein klares und präzises Bewusstsein für unsere spirituelle Zusammensetzung.

Qualifizierende Elemente in der Praxis der Meditation:

Es gelten die allgemeinen Prinzipien, insbesondere: Zuhören, Aufmerksamkeit (d.h. Konzentration) und Visualisierung.

Haltung: Die beste Position für die Meditation, nicht die einzige, aber sicherlich die wichtigste, ist die Sitzhaltung. Sobald das Prinzip der Verbundenheit zwischen Körper und Geist akzeptiert wird, ist die Meditationshaltung in der Tat eine physische Darstellung des psychischen Zustandes. Die Meditationshaltung erfordert maximale Stabilität, korrekte Ausrichtung und mangelnde Anstrengung, damit sie mit Leichtigkeit und für die notwendige Dauer gehalten werden kann. Es beinhaltet auch die Verwendung einiger Mudras zur Förderung der Vertikalität, der Entspannung in Kombination mit Präsenz, angemessener Atmung, Konzentration und mentaler Stille.

Atmung: spontan, leicht, kontinuierlich; gezielte Übungen helfen, dieses Ergebnis zu erreichen.

Mentale Einstellung: Der Übergang von reiner Beobachtung hin zur Konzentration mit Verstummen des inneren Dialogs sind Grundvoraussetzung für das Erreichen der für die Meditation notwendigen Schwingungsebene.

Richtung: In diesem Fall wird die Richtung durch das Subjekt der Meditation repräsentiert, mit dem der Geist sein eigenes Licht lenkt. Es kann eine göttliche Eigenschaft sein, ein Mantra, das uns Kraft gibt, oder eine Haltung, die als nützlich angesehen wird, um zu erforschen und zu vertiefen. Dies stellt die Richtung dar, die man der mentalen Energie geben will und eine Variable in Bezug auf den meditativen Zustand, d.h. den Ort, den man in der psychischen Dimension durch die Meditation selbst erreicht.